Wissenschaftler der Universität Stuttgart stellen den Flug des Weltraumschrotts der ISS experimentell nach

19. April 2024

Der Einschlag in ein Wohnhaus in Florida Anfang März hat gezeigt, dass Fragmente ausgedienter Raumfahrtstrukturen nicht in allen Fällen in der Erdatmosphäre verglühen. Wissenschaftler der High Enthalpy Flow Diagnostics Group (HEFDiG) am Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart zeigen nun in einem spektakulären Experiment, dass dieses Szenario insbesondere für massive Metallteile typisch ist, weshalb von diesen ein erhebliches Risiko ausgeht.

Wie die NASA vor wenigen Tagen bekannt gab, handelt es sich bei dem Objekt um eine Art Befestigungsbolzen. Dessen Verglühen während des Wiedereintritts wurde von HEFDiG in einem Experiment nachgestellt. Die auftretende Hitze, die während des sehr schnellen Flugs durch die Atmosphäre auftritt, wird am Boden in Plasmawindkanälen simuliert. Mit diesen Anlagen wird eine mehrere tausend Grad heiße Strömung erzeugt. In diese wird der etwa handgroßer Zylinder eingebracht, der der Batteriekomponente nachempfunden ist (siehe Foto).

Auch in dem Experiment zeigt sich deutlich, dass ein derartiger Zylinder einen Flug durch die Atmosphäre problemlos übersteht. Der Bolzen ist nach dem Experiment immer noch größtenteils intakt – ganz ähnlich zum publizierten Bild des Bolzens der NASA.

2/2 Foto während des Experiments im Plasmawindkanal. Die hellen Punkte sind verglühendes, geschmolzenes Metall

Da ein erhebliches Risiko für einen Einschlag auf der Erde vor allem in dicht besiedelten Gebieten von den doch nicht vollständig verglühenden Raumfahrtstrukturen ausgehen kann, fördert sowohl das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt als auch die europäische Raumfahrtagentur ESA die Erforschung des Verglühens. Damit konnte die Arbeitsgruppe HEFDiG am IRS erst kürzlich experimentell zeigen, dass Drallräder, die vielen Satelliten verbaut sind, nicht vollständig verglühen. HEFDiG ist darüberhinaus führend bei der flugzeuggestützten Beobachtung von Eintrittsflügen. Die dabei gewonnenen Daten dienen der Verbesserung der Experimente im Plasmawindkanal.

Damit es zu keinen Unfällen kommt, werden große Strukturen üblicherweise kontrolliert über dem Südpazifik zum Absturz gebracht. Beim Batteriepack von der ISS handelte es sich allerdings um einen unkontrollierten Absturz, sodass der Ort des tatsächlichen Eintritts ungewiss und schlecht vorhersagbar war.

Kontakt

High Enthalpy Flow Diagnostics Group
Dr. S. Löhle
Institut für Raumfahrtsysteme
Universität Stuttgart
loehle@irs.uni-stuttgart.de
www.hefdig.com
+49-711-685-62387

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