Mission
Nach der erfolgreichen Entwicklung des Kleinsatelliten Flying Laptop durch das Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universitat Stuttgart entstand der Wunsch, die Lehraktivitaten in der Satellitenentwicklung anhand eines Programms fortzuführen. Das Programm sollte sich jedoch durch einen geringeren Kostenaufwand und kürzere Projektzyklen auszeichnen als sein Vorgängerprojekt.
Die erste Mission des angestrebten Programms trägt den Namen SOURCE (Stuttgart Operated University Research Cubesat for Evaluation and Education) und setzt sich als Primärziele die Ausbildung von Studierenden, den Aufbau einer CubeSat Platform als Grundlage für das weitere Programm sowie die Verifikation industrieller, CubeSat-tauglicher Komponenten. Darüber hinaus ist ein Sekundärziel der Mission, die Vorgänge beim unkontrollierten Eintritt in die Erdatmosphäre zu erforschen. Ferner werden die Charakterisierung von Dünnfilmsolarzellen unter Weltraumbedingungen, die Verifikation einer COTS Kamera als Startracker und die Aufnahme eines Farbbildes der Erde angestrebt. Der 3U+ CubeSat SOURCE profitiert von der bereits im Flying Laptop Projekt aufgebauten Infrastruktur am IRS. Die Arbeit am Satelliten begann im April 2018 und befindet sich momentan in Projektphase C (Detailliertes Design).
Ausbildungsaspekt
Um möglichst viele Studierende in das Projekt zu involvieren und das Missionsziel der Ausbildung zu erreichen, kooperiert das IRS eng mit der studentischen Kleinsatellitengruppe der Universität Stuttgart, KSat e.V. Die Kleinsatellitengruppe stellt als Sammelbecken engagierter Studierenden mit Interesse an der Raumfahrt einen großen Teil der permanenten freiwilligen Arbeitskraft bereit, insbesondere die Besetzung der studentischen Führungspositionen. Zusätzlich bietet das IRS semesterweise eine Lehrveranstaltung mit 25 Plätzen zu dem Projekt an, deren Belegung Studierenden aller technischen und naturwissenschaftlichen Studienrichtungen als Prüfungsleistung angerechnet werden kann. Das so zusammenkommende interdisziplinäre Team besteht seit dem Start des Projektes jedes Semester aus mindestens 40 aktiven Studierenden und jede Subsystemgruppe wird von Doktoranden des IRS fachlich betreut. Insgesamt sind so schon über 100 Studierende in dem Projekt involviert gewesen. Die teilnehmenden Studierenden erhalten durch SOURCE nicht nur die Chance, theoretische Inhalte ihrer Studienrichtung im Praxiskontext zu vertiefen und sich dabei wertvolle Softskills anzueignen, sondern bekommen auch einen Einblick in typische Projektabläufe und Standards in der Raumfahrtindustrie.
Nutzlasten und geplanter Missionsablauf
Die Nutzlastaktivität der SOURCE Mission gliedert sich in zwei Phasen. In der ersten Phase sind hauptsächlich die Nutzlasten zur Technologieverifikation aus den Primär- und Zusatzzielen aktiv. Diese umfassen Folienheizer und eine additiv gefertigte Sandwichstruktur mit eingebauter Messelektronik aus dem DLR-geführten Projekt IRAS (Integrated Research platform for Affordable Satellites), eine Probe von Dünnfilmsolarzellen des DLR Bremen sowie eine für zukünftige Vorhaben des IRS relevante, als Startracker eingesetzte COTS Kamera. Neben der Technologieverifikation wird in dieser Phase auch bereits ein Experiment zum Thema Atmosphäreneintritte durchgeführt. Die selbe Kamera, die als Startracker verifiziert werden soll, zeichnet während der Eklipse den Erdhorizont auf, um Videomaterial von eintretenden Meteoriten zu sammeln. Diese erste Phase nimmt mit einer spezifizierten Dauer von ein bis zwei Jahren den Hauptteil der Mission ein.
Sobald der Orbit des Satelliten unter 200 km Höhe gefallen ist, beginnt die zweite Phase, in der sämtliche Nutzlasten zur Technologieverifikation abgeschaltet werden. In dieser Phase wird die Messsensorik zur Erforschung der Interaktion zwischen Satellitenstruktur und Atmosphäre beim Wiedereintritt aktiv. Die Komposition aus fünf verschiedenen Sensortypen misst Druck, Wärmestrom, Helligkeit und molekularen sowie atomaren Sauerstoff. Ziel dieser Phase ist es, bis zu einer Höhe von 120 km Daten aufzuzeichnen und an eine Bodenstation zu senden.
Struktur
Der 3U+ große Satellit SOURCE verfügt über durch Federn doppelt entfaltbare Solarpaneele und einen selbstentfaltenden Streulichtschutz für die Kamera. Beide Mechanismen werden durch einen Rückhaltedraht fixiert, welcher nach dem Auswurf des Satelliten durchschmolzen wird.
Lageregelung
Die Anforderungen an die Lageregelung des Satelliten werden durch die Platzierung der Nutzlasten und das Operationskonzept möglichst geringgehalten. Als Lagesensoren kommen Gyroskope, Magnetometer, Sonnensensoren und ein GPS Receiver zum Einsatz. Im Zusammenspiel mit selbstentwickelten Magnettorquern stellt das Lageregelungssystem eine Pointingungenauigkeit von maximal +-10 Grad und eine Winkelgeschwindigkeit von maximal 1 Grad pro Sekunde nach dem Detumbling sicher. Der als Nutzlast mitgeführte Startracker kann probeweise in die Lagebestimmung mit einbezogen werden. Es ist inertiales Pointing, jedoch kein Nadir-Pointing möglich.
On-board Data Handling
An Bord von SOURCE befinden sich neben dem regulären Bordcomputer auch ein Nutzlastcomputer mit angegliedertem FPGA für die Bildverarbeitung, ein Prozessor für die Sensordaten der Atmosphären- und Wiedereintrittssensorik, ein Mikrocontroller als Teil der PCDU und zwei redundante FPGAs für die Anwendung des Kommunikationsprotokolls.
Energie
Die Solarpaneele des Satelliten werden von STI produziert. Im Sonnenpointing stellen die insgesamt 28 zur Sonne ausgerichteten Solarzellen eine Energie von 34 W zur Verfügung. Sobald der Satellit in Höhen kommt, in denen die Lageregelung versagt und der Satellit zu taumeln beginnt, ist noch mit etwa 15 W zu rechnen. Die gesammelte Energie wird in der 70 Wh fassenden Batterie gespeichert.
Kommunikation
SOURCE besitzt zwei verschiedene Kommunikationssysteme. Die Hauptkommunikation erfolgt im S-Band und nutzt die am IRS vorhandene Bodenstation, die schon für den Flying Laptop benutzt wird. Um mit dieser Bodenstation kompatibel zu sein, wendet die Hauptkommunikation CCSDS Protokolle an, die durch einen FPGA, der einen IP-Core der ESA implementiert, auf die Daten angewendet werden. Die S-Band Antennen sind eine Eigenentwicklung, während alle restlichen Komponenten des Kommunikationssystems zugekauft werden. Um auch die von der Atmosphärik und Wiedereintrittssensorik in den letzten Stunden der Mission gewonnenen Daten zu empfangen, ist mit Iridium ein zweites, ortsunabhängiges Kommunikationssystem verbaut.
Kontakt
Daniel Galla
M.Sc.Projektkoordinator SOURCE (Stuttgart Operated University Research Cubesat for Evaluation and Education)