Biosensoren

Das Gebiet der Biosensoren ist ein ebenso komplexer, wie junger Forschungszweig der AG Sensorik am IRS in Kooperation mit der AG Sinnesphysiologie der Ruhr-Universität Bochum und der Abteilung Pflanzen-Biotechnologie des Instituts für Biomaterialien und biomolekulare Systeme (IBBS) der Uni Stuttgart. Grundsätzlich geht es darum, mit Hilfe von Insekten-Geruchsrezeptoren technische Sensorsysteme zu entwickeln, die im Vergleich zu herkömmlichen Sensoren für Gase oder bestimmte Moleküle ein weitaus breiteres Spektrum detektierbarer Substanzen eröffnen und zugleich sensibler sind. Unter dem Titel „BIOSENSOR – Bio-Sensoren auf Basis von Insekten-Geruchsrezeptoren“ wird dieses Projekt vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg gefördert. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Partnerabteilungen werden die jeweiligen Expertisen in den Bereichen Zell-Physiologie, Biotechnologie u.w. mit der langjährigen Erfahrung des IRS auf dem Gebiet der Sensortechnik vereint, wodurch ein einzigartiges Know-How zur Verfügung steht. Aufgrund der Interdisziplinarität des Forschungsgebiets ist dies jedoch auch notwendig, um innovative Lösungen erzielen zu können.

Anwendungen und Motivation

Nach Millionen Jahren Evolution ist es nicht weiter verwunderlich, dass die sensibelsten und für unterschiedlichste Gerüche spezialisierten Detektoren in der Natur vorkommen. Während Säugetiere mit ihren Nase verschiedene Gerüche wahrnehmen können, „riechen“ Insekten mit ihren Antennen, auf denen sich tausende Sensillen befinden, die zum Aufspüren von Gerüchen notwendig sind. Die Population an verschiedenen Rezeptoren ist sehr groß und umfasst bei Säugetieren zwischen 500 und 1500 und bei Insekten zwischen 50 und 150 Typen. Dabei interagiert jeder Rezeptor nur mit bestimmten Molekülen, in Kombination ergibt sich eine gewaltige Kodierungskapazität [1].

Dementsprechend breit ist auch das mögliche Anwendungsspektrum für Insektenrezeptoren-basierte Sensoren. Denkbar sind zum Beispiel tragbare Geräte zur selbstständigen Überwachung der eigenen Gesundheit oder zur frühen Erkennung von Krankheiten anhand einer Atemgasanalyse. Darüber hinaus sind derartige Sensoren aufgrund ihrer biologischen Natur hervorragend für die Qualitätssicherung von Lebensmitteln oder Gewässern geeignet. Für mehr Sicherheit sorgen können diese auch bei der Überwachung von Raumluft oder beim Aufspüren gefährlicher oder verbotener Substanzen, wie zum Beispiel Sprengstoffe oder Drogen. Ein weitere Anwendung bietet sich zudem in der Unterhaltungsbranche an, etwa als (durchaus) nützliches Gadget für das Smartphone in Form eines mobilen Spürhunds für verschiedene Gerüche.

Anwendungsbereiche bioinspirierter Sensoren
Transfer in die Raumfahrttechnik

Trotz des auf den ersten Blick themenfremd erscheinenden Forschungsbereichs, sind biotechnologische Sensorkonzepte auch für die Raumfahrttechnik von Relevanz. Da Biomoleküle im Nanometerbereich funktionieren, könnten die Sonden eine beispiellose Miniaturisierung ermöglichen, was in der Raumfahrt gleichbedeutend ist mit der Reduzierung von Gewicht und damit Einsparung von Kosten. Die Vorteile sind jedoch nicht nur theoretischer Natur, sondern es lassen sich auch praktische Anwendungen definieren, für die miniaturisierte Biosensoren von Bedeutung sind. Naheliegend ist der Einsatz beispielsweise im Bereich der Lebenserhaltungssysteme. Hier müssen nicht nur zuverlässig verschiedene Gase und Gasmischungen überwacht werden, sondern es müssen auch Prozesse gesteuert werden, die für die Herstellung lebenswichtiger Stoffe, wie zum Beispiel Sauerstoff erforderlich sind. Ein Konzept hierzu basiert auf Algen-Bio-Reaktoren, die unter Zufuhr von Licht und CO2 eine Produktion von O2 ermöglichen [2].

Forschungsgebiete und Entwicklung

Aufgrund der Interdisziplinarität des Forschungsbereichs gibt es viele Themen, die für die Entwicklung von Biosensoren relevant sind. Während sich die AG Sinnesphysiologie in Bochum mit der Bereitstellung der Rezeptoren, sowie der Herstellung einer artifiziellen Membran als Trägersystem beschäftigt, liegt der Fokus der AG Sensorik auf der technischen Applikation dieser biologischen Elemente. Schwerpunkt dabei ist die Entwicklung eines geeigneten Transducers, also eines Systems, das als Schnittstelle zwischen biologisch relevanten Signalen und elektrisch messbaren Signalen dient. Weitere Aufgabengebiete liegen in der Miniaturisierung solcher Sensoren, der Simulation von chemischen oder physikalischen Vorgängen, sowie der Entwicklung und Anwendung passender Messtechnik.

Organisation der Forschungsgebiete und Aufgabenbereiche
Abschlussarbeiten

Bachelor- oder Masterarbeiten sind zu jedem Zeitpunkt möglich und werden meist auf der Stellenseite des IRS veröffentlicht. Insbesondere sind Arbeiten zu folgenden Themen möglich:

  • Transducer auf Basis von Feldeffekttransistoren (ISFETs)
  • Numerische Simulationen im Bereich der Konvektions-Diffusions-Gleichungen
  • Entwicklung und Charakterisierung von Teilsystemen
  • Arbeiten am selbst entwickelten Inkjetdrucker zur Sensorproduktion
    • GUI, Programmierung
    • Elektronische Systeme
    • Künstliche Intelligenz (KI) zur Druckverbesserung
  • Biologische Themen in Kooperation mit den biologischen Partnerinstituten
 
Literaturverweise

[1] Max-Planck-Gesellschaft: Geruchswahrnehmung bei Insekten; Forschungsbericht 2007 – Max-Planck-Institut für chemische Ökologie; https://www.mpg.de/424556/forschungsSchwerpunkt1

[2] Helisch, H.; Keppler, J.; Detrell, G.; Belz, S.; Ewald, R.; Fasoulas, S. and Heyer, A. G. (2020). High density long-term cultivation of Chlorella vulgaris SAG 211-12 in a novel microgravity-capable membrane raceway photobioreactor for future bioregenerative life support in SPACE, Life Sciences in Space Research 24: 91 – 107

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