Sonderforschungsbereich 1667 ATLAS
In VLEO-Höhen ist die Atmosphäre zwar verdünnt, aber immer noch dicht genug, um den Satellitenbetrieb zu beeinträchtigen. Der Hauptbestandteil der Atmosphäre in diesen Höhen ist atomarer Sauerstoff. Diese Partikel interagieren mit der Oberfläche des Satelliten, was zu Luftwiderstand, Oberflächenerosion und thermischen Effekten führt.
Direct-Simulation-Monte-Carlo (DSMC) ist eine Berechnungsmethode zur Modellierung von Gasströmungen unter verdünnten Bedingungen, wie sie in VLEO vorkommen. Sie liefert genaue Modelle der Wechselwirkungen zwischen Gas und Oberfläche und hilft den Ingenieuren bei der Entwicklung widerstandsfähigerer und effizienterer Satelliten.
Dieses Projekt ist Teil des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1667 "Advancing Technologies of Very Low Altitude Satellites (ATLAS)".
Mechanismen der Gas-Oberflächen-Interaktionen
Die gebräuchlichsten Reflektionsmodelle in DSMC sind das Maxwell- und das Cercignani-Lampis-Lord-Modell (CLL).
- Das Maxwell-Modell geht davon aus, dass Gaspartikel, die auf eine Oberfläche treffen, mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit entweder spiegelnd oder diffus reflektiert werden können.
- Das CLL-Modell bietet eine detailliertere Darstellung, indem es die Akkommodationskoeffizienten sowohl für tangentiale als auch für normale Impulskomponenten berücksichtigt. Dadurch kann es quasi-spiegelnde Reflektionen berücksichtigen und ermöglicht eine realistischere Simulation.
Allerdings sind realistische Akkommodationskoeffizienten, die als Input für diese Modelle verwendet werden, für praktisch kein Material verfügbar. Darüber hinaus sind diese Koeffizienten von der Oberflächenrauheit, der Temperatur, dem Aufprallwinkel, der Geschwindigkeit usw. abhängig.
Atomarer Sauerstoff (AO) spielt als chemisch aktives Radikal unter den Strömungsbedingungen von VLEO eine bedeutende Rolle. Es ist bekannt, dass sich AO auf den Oberflächen des Satelliten ablagert, was natürlich auch das Reflektionsverhalten der Oberfläche verändert und somit die Eigenschaften der Wandwechselwirkung stark in Richtung einer diffuseren Streuung verändern kann.
Bisher gab es nur wenige Arbeiten, die sich mit Oberflächenreaktionen in DSMC-Simulationen bei VLEO befasst haben.
Detailliertes Gas-Oberflächen-Interaktionsmodel im VLEO
Angesichts der oben genannten Einschränkungen bei der Gas-Oberflächen-Interaktionsmodellierung ist die Optimierung eines Satelliten aufgrund unzureichender Modellierung und der starken Abhängigkeit von unsicheren Eingabeparametern wie z. B. Akkommodationskoeffizienten stark eingeschränkt.
Daher sollen in diesem Projekt mikroskopische Daten aus Molekulardynamiksimulationen genutzt werden, um ein detaillierteres Gas-Oberflächen-Wechselwirkungsmodell zu entwickeln und in DSMC-Simulationen einzubeziehen. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit dem ATLAS-Projekt A01, das sich auf die Simulation von Wechselwirkungen zwischen atomarem Sauerstoff und Metallen auf atomistischer Ebene konzentriert.
Die Verwendung von Molekulardynamik-Reflektionsdaten und datengesteuerten Ansätzen zur Modellierung der Gasoberflächenstreuung in DSMC-Simulationen stellt eine erhebliche Verbesserung gegenüber herkömmlichen Streumethoden dar. Durch den Einsatz von Techniken wie der Distribution Element Tree Method oder auf maschinellem Lernen basierenden Modellen (wie dem Gaussian Mixture Model) können genauere und effiziente Simulationen erzielt werden.
Es werden Erweiterungen des GSI-Modells innerhalb der DSMC-Methode entwickelt und implementiert, um Oberflächenreaktionen wie Adsorption, Desorption, Eley-Rideal- und Langmuir-Hinshelwood-Reaktionen zu ermöglichen. Zu diesem Zweck werden die ermittelten Geschwindigkeitskoeffizienten aus Projekt A01 verwendet. Anschließend wird ein detaillierteres Chemiemodell für die Oberflächen entwickelt, das ähnlich wie ein "Coarse-grained Kinetic Monte Carlo Lattice Model" funktioniert.
Kontakt
Miklas Schütte
M.Sc.Wissenschaftlicher Mitarbeiter