Ein Astronauten-Legomännchen mit dem FerrAS-Logo auf der Brust.

Studierende führen Experimente auf Höhenforschungsrakete durch

7. März 2024, Nr. 8

Raketenstart zwischen dem 11. und 15. März vom europäischen Weltraumbahnhof in Schweden. Das Ziel: Pumpkonzepte mit Ferrofluiden testen, um Effizienz und Langlebigkeit von Flüssigkeitsmanagementsystemen im Weltraum zu verbessern
[Bild: Leon Habermalz, KSat e.V.]

Studierende der Universität Stuttgart entsenden kommende Woche zwei Experimente auf einer REXUS-Höhenforschungsrakete in die Schwerelosigkeit. Innerhalb weniger Minuten möchten sie nachweisen, dass Pumpsysteme, die auf Ferrofluiden basieren, leistungsstärker und wartungsärmer sind als herkömmliche Raumfahrttechnologien. Wieder mit an Bord: Stuttgarter Gin und viele Namen.

Update 14. März 2024:
Heute um 13:01 Uhr ist die REXUS-Höhenforschungsrakete mit den zwei Experimenten der studentischen Kleinsatellitengruppe der Universität Stuttgart (KSat e.V.) erfolgreich vom Weltraumbahnhof Esrange in Schweden gestartet. In den wenigen Minuten in der Schwerelosigkeit konnte das Team seine Experimente zu Pumpsystemen auf Ferrofluid-Basis durchführen. Die genaue Auswertung folgt in den kommenden Tagen.

Eine Expertenjury hat entschieden: Das Team der studentischen Kleinsatellitengruppe der Universität Stuttgart (KSat e.V.) ist eines von acht europäischen Teams, das im Rahmen des REXUS/BEXUS-Programms (Rocket and Balloon Experiments for University Students) zwei Experimente auf einer REXUS-Höhenforschungsrakete durchführen darf. Der Flug der Rakete wird zwischen dem 11. und 15. März 2024 stattfinden, eine anschließende Bergung ist vorgesehen.

Die Studierenden von KSat posieren für ein Gruppenfoto.
Die Studierenden berichten Mitte März live vom Start in Schweden über den Instagram-Kanal der Universität Stuttgart.

Das Projekt „Ferrofluid Application Study“ FerrAS ist nach FARGO im vergangenen Jahr und PAPELL 2018 das dritte auf Ferrofluiden basierende Studierendenprojekt der Universität Stuttgart, das unter Weltraumbedingungen getestet wird. Anders als bei den Vorgängern auf der Internationalen Raumstation ISS gilt es dieses Mal, innerhalb weniger Minuten Schwerelosigkeit die Experimente durchzuführen und Erkenntnisse zu gewinnen, wie Flüssigkeit in der Schwerelosigkeit am besten transportiert werden kann.

Projekt FerrAS setzt auf Ferrofluide

„Nach über zwei Jahren Arbeit ist es einfach toll, das Experiment jetzt am Weltraumbahnhof Esrange in Schweden auf die Reise zu schicken!“, sagt Christopher Vogt, Systemingenieur von FerrAS. „Im Rahmen des REXUS/BEXUS-Programms können wir unsere Vision zur Entwicklung nachhaltiger Pumpsysteme in Mikrogravitation testen und validieren.“

Der Transport von Flüssigkeiten in Schwerelosigkeit beispielsweise für Kühlmittel, Treibstoffe oder Gase ist eine technische Herausforderung. Konventionelle Pumpsysteme können diese Aufgabe meistern, sind aber mechanisch komplex und anfällig für Fehlfunktionen. Das Projekt FerrAS könnte dafür mit seinen innovativen Ferrofluid-Pumpsystemen für Mikrogravitationsumgebungen eine Lösung liefern: Das interdisziplinäre Team von Studierenden aus sechs Studiengängen der Universität Stuttgart wird im Höhenflug zwei neuartige Pumpkonzepte testen, um die Effizienz und Langlebigkeit von Flüssigkeitsmanagementsystemen im Weltraum zu verbessern. Ferrofluide, eine magnetische Flüssigkeit, haben ideale Eigenschaften, um mechanischen Verschleiß zu minimieren.

Multifunktionale Komponente und Flüssigkeitskreisläufe ersetzen Material

Für die Verdrängerpumpe nutzt das Team Ferrofluid-beschichtete Magnete, die als multifunktionale Komponenten agieren: Sie dienen als Triebkolben, Dichtung, Schmiermittel und Ventil zugleich. Die Steuerung dieser Magnete erfolgt durch externe Elektromagnete, die durch wellenförmige Ansteuerung eine effektive Pumpbewegung erzeugen. Die neuartige Technik soll die Zuverlässigkeit von Weltraumpumpsystemen enorm steigern.

Eine Draufsicht auf das geöffnete FerrAS-Modul, das beide Experimente enthält.
Die FerrAS-Experimente eingebaut im REXUS-Modul. Links die Verdränger-Pumpe, auch Displacement-Pumpe genannt, rechts die Linear-Pumpe.

Die Linearpumpe, das zweite Konzept des FerrAS-Projekts, könnte die Feinjustierung der Lageregelung von Kleinsatelliten revolutionieren. Sie nutzt ein Reservoir von Ferrofluid, das durch Permanentmagnete fixiert ist. Quer verbaute Elektromagnete erzeugen eine magnetische Welle und damit eine Welle im Ferrofluid selbst, welches das nicht-magnetische Arbeitsmedium – hier Wasser-Ethanol – antreibt. So entsteht ein Flüssigkeitskreislauf, der ganz ohne mechanisch oszillierende Elemente zielgerichtet und vibrationsarm Drehmomente erzeugt. 

Eine Draufsicht auf das geschlossene FerrAS-Modul, das beide Experimente enthält. Auf dem Titandeckel ist das FerrAS-Logo abgebildet.
Das Experiment verschlossen, eingebaut im REXUS-Modul. Die Oberflächenstrukturen sind aus 3D-gedrucktem Titan.

Erfahrungen in der Ferrofluid-Forschung

Seit 2017 erforscht das Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart Ferrofluide. Das PAPELL-Experiment demonstrierte erstmals die Steuerung von Ferrofluidbewegungen in Mikrogravitation mittels Magnetfeldern. Diese Erkenntnisse führten zur Entwicklung von Technologien, die mechanische Komponenten durch langlebigere ferrofluidische Lösungen ersetzen. Das nachfolgende FARGO-Experiment testete erfolgreich ferrofluidische Systeme auf der ISS, darunter Kreisel- und Schaltersysteme.

Mitmachaktion: Dein Name im All

Die „Fly Your Name“-Aktion von FARGO wird für FerrAS fortgesetzt. Interessierte haben die Möglichkeit, ihren Namen auf einer SD-Karte zu verewigen, die auf der REXUS-Höhenforschungsrakete ins All fliegt. Zusätzlich erhalten alle, die ihren Namen eintragen, ein virtuelles Ticket als Erinnerung.

Gin wieder mit an Bord

Wie beim FARGO-Experiment spielt auch im FerrAS-Projekt Stuttgarter Gin eine besondere Rolle. Die Arbeitsflüssigkeit, eine Mischung aus Ethanol und Wasser, erweist sich für das verwendete Ferrofluid als ideale Kombination. Zusätzlich wird ein kleiner, versiegelter Container mit Gin als Referenzflüssigkeit an Bord sein. Diese einzigartige Beigabe unterstreicht nicht nur die kreative Verbindung von Wissenschaft und regionalen Besonderheiten, sondern dient auch wissenschaftlichen Vergleichszwecken im Rahmen des Experiments.

„Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse der Pumpen und freuen uns als Team auf die gemeinsame Zeit und natürlich den Raketenstart in Schweden“, sagt Bahar Karahan, Chefin des Wissenschaftsteams von FerrAS.

Die Studierenden von KSat berichten am Starttag live aus Schweden über den Instagram-Kanal der Universität Stuttgart.

Fachlicher Kontakt:

Manfred Ehresmann, Institut für Raumfahrtsysteme, Universität Stuttgart, E-Mail, Telefon: +49 711 685 69599

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