Nachruf Berndt Feuerbacher

1. Februar 2021 / Matthias Langer

Wir trauern um Prof. Berndt Feuerbacher, der im Dezember letzten Jahres verstorben ist
[Bild: DLR]

Professor Dr. rer. nat. Dr.-Ing. e.h. Berndt Feuerbacher (*15.04.1940; †21.12.2020) wurde in Dresden geboren, besuchte nach dem Umzug der Familie nach Stuttgart das Gymnasium, studierte Physik an der LMU München und promovierte dort 1968 mit experimentellen Arbeiten am Deutschen Elektronensynchrotron in Hamburg. Seine Untersuchungen auf dem Gebiet der Festkörperphysik fokussierten sich auf photoelektrische Emission, Streuung von Atomen, Charakterisierung von elektronischen Zuständen auf metallischen Oberflächen und deren Nachweis durch photoelektrische Spektroskopie. Mit diesen und weiteren Arbeiten wurde das European Space Laboratory der European Space Research Organisation (später Space Science Department der ESA) auf ihn aufmerksam und sicherte sich seine Mitarbeit durch eine Anstellung unmittelbar nach Abschluss seiner Dissertation.

Bereits drei Jahre später wurde er verantwortlicher Wissenschaftler für Laborexperimente von Mondproben der Apollo-Missionen und im folgenden Jahr übernahm er eine ähnliche Position für den International Ultraviolet Explorer-Satelliten. 1976 wurde er zum verantwortlichen Projektwissenschaftler der wissenschaftlichen Nutzlast der ersten Spacelab-Mission ernannt. Er verließ 1981 die ESA, um dem Ruf auf den Lehrstuhl für Weltraumphysik an der Ruhr-Universität Bochum in Verbindung mit der Leitung des DLR-Instituts für Raumsimulation in Köln-Porz zu folgen. Seine Aktivitäten konzentrierten sich verstärkt auf die Mikrogravitationsforschung und die Möglichkeiten zur Gewinnung neuer Erkenntnisse durch Experimente in der Schwerelosigkeit. Seine Ergebnisse gaben u.a. Einblick in die Keim- und Kristallbildung in Flüssigkeiten und eröffneten neue Anwendungsmöglichkeiten von Erstarrungsprozessen. Außerdem galt sein Interesse den Kometen und den kleinen planetaren Körpern im Sonnensystem.

Berndt Feuerbacher initiierte maßgeblich den Bau der Philae-Sonde der europäischen Rosetta-Mission. Als die Entwicklung der Sonde drohte abgebrochen zu werden, übernahm er die Projektleitung selbst. Philae war die erste Sonde ihrer Art - sie landete im November 2014 erfolgreich auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko. 

Seine Forschungsergebnisse wurden in mehr als 190 Artikeln und 16 Büchern veröffentlicht. 

Große Verdienste erwarb sich Berndt Feuerbacher für das DLR, als langjähriges Mitglied des Senats, als Vorsitzender des wissenschaftlich-technischen Beirats und als Gründungsdirektor von neuen Instituten. Zunächst hat er 1990 das ehemalige Institut für Kosmosforschung der DDR in Adlershof in zwei neue DLR-Institute umgewandelt und unmittelbar nach seiner Pensionierung 2007 das DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen aufgebaut. 

Berndt Feuerbacher war Vorstand, Mitglied oder Berater verschiedener Gesellschaften und Organisationen, z.B. bei der ESA als Vorsitzender des Raumstations-Nutzerausschusses, der International Academy of Astronautics, der Europäischen-Physikalischen Gesellschaft sowie von COSPAR und ELGRA. Auch in der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt war Berndt Feuerbacher äußerst aktiv und gestaltend unterwegs, u.a. von 1988 bis 1990 als Präsident und nach seiner Pensionierung als Vorsitzender des Ehrungsausschusses. Die Deutsche Agentur für Raumfahrtangelegenheiten unterstützte er von 1990 bis 1997 als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses Forschung im Weltraum. Von 2008 bis 2012 wurde er zum Präsidenten der Internationalen Astronautischen Föderation gewählt. 2010 erhielt er für sein nationales und internationales Engagement das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Eine besondere Ehrung war die Umbenennung des Asteroiden „1998 BD5“ in “10628 Feuerbacher”.

Die Auszeichnung zum „Dr.-Ing. Ehrenhalber“ der Universität Stuttgart erhielt Berndt Feuerbacher in Würdigung seiner wissenschaftlichen Verdienste in der Disziplin „Forschung im Weltraum“, als Anerkennung seines außerordentlichen Engagements beim Aufbau und der Durchführung internationaler Raumfahrtaktivitäten, sowie als Dank für eine über Jahrzehnte gepflegte, enge Verbundenheit und Zusammenarbeit mit Professuren und Instituten der Universität und insbesondere mit unserem Institut für Raumfahrtsysteme.

Die Spuren von Berndt Feuerbacher und die Wirkungsmächtigkeit seiner Aktivitäten sind deutliches Zeichen dafür, dass große, interdisziplinäre und internationale Programme, gerade wenn sie wie in der Raumfahrt in wissenschaftlicher und technischer Hinsicht nicht anspruchsvoller sein können, durch die Leistung und das Engagement einzelner Personen geprägt werden. Berndt Feuerbacher hat in über 45 Jahren als Pionier die Disziplin „Forschung im Weltraum“ mit aufgebaut und die deutschen Raumfahrtaktivitäten maßgeblich beeinflusst.

Berndt Feuerbacher hinterlässt eine Frau, zwei Kinder und vier Enkelkinder. Seinen Angehörigen sprechen wir unser tiefstes Mitgefühl aus.

Wir verneigen uns mit großem Respekt vor seinen außergewöhnlichen Leistungen und seiner Persönlichkeit. Wir werden ihn als Kollegen, Ratgeber und Freund sehr vermissen. 

 

Prof. Dr. Dr.-Ing. e.h. Ernst Messerschmid und Prof. Dr.-Ing. Stefanos Fasoulas
Stellvertretend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IRS

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